montag, der 22.3.2020
angst ist die hefe unter den gedanken.
Jedes Gleichgewicht ist dynamisch. Ausgeglichenheit ist eine Form des Gleichgewichts. Du magst das Schwanken nicht spühren, aber es ist da. Andernfalls bist du bereits tot.
Gut, versuch ichs also. Ich versuche mir einen Reim auf die Situation zu machen. Es gilt also ein Denkgeräusch zu machen, dass entweder einer bestimmten Systematik folgt oder eben ähnlich klingt, wie der aktuell zumindest, gefühlte Lärm der Wirklichkeit.
Scheint schnell geklappt zu haben, denn ich bin angesichts der eigenen Gedanken unsicher ob sie Sinn machen. Das mag wie nutzlose Nabelschau klingen – ja es mag nichts als Nabelschau sein – aber nutzlos?
Offenbar backen wir da gerade einen ganz neuen Kuchen. Er ist denkbar einfach und gelingt immer. So schätzungsweise 1 Million Zutaten, sehr viel Hitze und Flüssigkeit, um dann am Ende etwas in den Händen zu halten, dass sich unangeschnitten an keiner Stelle selbst ähnelt.
Da wir aber stammhirngesteuerte Angstmaschinen sind, die nichts so schlecht ertragen, wie eben nichts zu tun, schneide ich das Ding an und siehe da, es spielt keine Rolle wie ich das Messer ansetze – am Ende liegt ein Stück auf meinem Teller, dass a) zu groß für meinen Magen ist und b) ganz klare und eindeutige Muster aufweist.
Vollkommen benebelt und kopfschmerznah fasziniert starre ich auf die Strukturen und Verbindungen, die selbstverständlich absolut Sinn machen und ganz klaren Aufschluss darüber geben, wie er gebacken wurde und warum und natürlich hab ich klare Theorien, wie er schmecken wird.
Das ich ihn selbst in Trance und ohne Befehl gebacken habe ist mir leider entfallen und sei es nur deshalb, weil es den Erklärungen zu wider laufen würde, die sich mühelos aus all den nach wie vor spöttisch eindeutigen Musterchen ergeben.
Also starre ich weiter und erblinde vollkommen für die banalste Tatsache der Welt. Und die lautet: das Zentrum allen Denkens auf der Welt bin ich. Das ich Denken und Kontrolle ständig verwechsle mag man mir nachsehen.
So vergehen Stunden, jedes Stück lässt das Alte erblassen. Ich bin so weg getreten, dass ich nicht einmal bemerke, dass der Kuchen nicht abnimmt – er bleibt einfach was er ist und ändert sich zudem ständig.
Jeden Winkel meiner Gedankengebäude verziere ich mit Mosaiken und Unterschriften, streue LKW Ladungen Brotkrumen auf die spiegelnden Fließen und finde doch keinen Weg zweimal – das beeindruckt aber kein Bisschen, wenn es um das fertige Ergebnis meiner Bemühungen geht: die Überzeugung, dass alles ganz klar ist – das es sich reimt, das es Sinn macht.
Es wird zwei Leben brauchen bis ich in Betracht ziehe: ich könnte das Ding auch einfach kosten.
Aber das ist Humbug.
Diesen Zeilen gehörte eigentlich vornan gestellt, was sie hervor gebracht hat, die Frage nämlich, wie es mir geht, was ich so denke gerade und ob alle gesund sind, die mir wichtig sind.
Nun steht das am Ende, aber sie können ja auch alles noch mal lesen – dann passts.
bis morgen,
dein Dienstag